Erster Wettkampf nach der Babypause beim Trans Vorarlberg Triathlon

 

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…

 

Schon bevor ich meinen Sohn bekam wusste ich, dass ich nicht eine von diesen scheinbaren „Super-Athletinnen“ sein wollte und würde, die innerhalb kürzester Zeit wieder voll im Training sind oder gar Rennen absolvieren. Denn dazu weiß ich als Ärztin viel zu viel über die Risiken, die diese Hektik an der falschen Stelle mit sich bringt. Gleichwohl muss ich gestehen, dass ich mir das ganze doch ein wenig einfacher vorgestellt hatte. Mein Ziel hatte ich schon während der Schwangerschaft formuliert: noch diese Saison wieder an der Startlinie zu stehen.

 

Meine ersten vorsichtigen Schritte zurück in den Sport lagen voll im Soll. Eigentlich hatte ich schon wenige Tage nach der Geburt Lust auf Sport, aber ich habe mir so lange Zeit gelassen, bis ich das Gefühl hatte, dass nicht nur mein Geist sondern auch mein Körper wieder bereit dazu waren. Dabei habe ich ihn mit viel Beckenbodentraining und täglichen Stabiübungen unterstützt, um sicherzustellen, das meine Körpermitte beim Wiedereinstieg ausreichend stabil war. Das Stabitraining ergänzte ich nach und nach mit Radfahren und Schwimmen (5 bzw. 6 Wochen nach der Geburt) und dann (defensiv aber sicher) dem Laufen nach zehn Wochen (Wen hier die Details meines Aufbautrainings interessieren, die gibt es auf Strava oder Garmin). 

 

Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte war, dass die Hormonumstellung durch das Stillen bei mir starke Sehnenschmerzen in den Handgelenken auslöste und diese dazu auch noch steif und unbeweglich waren. Alle Sportarten bis auf das Laufen (mit dem ich aber ja erst nach zehn Wochen anfangen konnte) waren nur sehr eingeschränkt und unter Schmerzen möglich. Daher war schnell klar, dass es mit der Europäischen Triathlonsaison nichts mehr werden würde. Das war mental nicht leicht zu ertragen, denn ich wollte doch so sehr! Um aus diesem Teufelskreis der Schmerzen und dieser dauerhaften, frustrierenden Einschränkungen rauszukommen, verordnete ich mir schließlich im März eine viermonatige Trainingspause. Manchmal ist es besser zu akzeptieren, dass grade offensichtlich andere Dinge dran sind und das Handgelenk eben einfach seine Zeit braucht und sich nicht ständig unter Druck zu setzen, nur um dann wieder das „Scheitern“ ertragen zu müssen. Nur gelaufen bin ich weiterhin, natürlich immer mit Baby-Jogger, denn nichts geht ohne meinen Sohn – fast nichts 😉

 

Schließlich kam der Indeland-Triathlon, der bei uns fast vor der Tür stattfindet. Ein Wettkampf bei dem ich eigentlich fest vorgehabt hatte dabei zu sein, zusammen mit einer meiner Athletinnen, die ich coache. Hier zuzusehen fiel Chris und mir wirklich schwer. Aber gut, so hatte Tina unsere volle Unterstützung. Und doch setzten wir uns noch am Abend danach zusammen und schmiedeten den Plan und der hieß Challenge Almere Langdistanz. Dreizehn Wochen um mich wieder zur Triathletin zu machen. Größte Herausforderung würde das Schwimmen sein, denn mein Handgelenk machte immer noch Probleme. Ansonsten war der Zeitplan knapp aber ausreichend bemessen, genau das richtige Maß an Druck! Der Plan stand und tatsächlich funktionierte es! Aus Organisationsgründen und wegen der Handgelenke musste ich dabei 100% meines Radtrainings auf der Rolle absolvieren und 90% des Schwimmtrainings auf dem Vasa Trainer. Nur beim Laufen durfte ich raus. Ungewöhnlich, aber es ging. Recht schnell war ich auf dem Rad wieder bei den alten Werten. Gut, zur Spitzenform fehlt noch ein bisschen, aber weit weg ist die nicht. 

 

Bei der Planung entdeckte ich, dass der Trans Vorarlberg genau drei Wochen vor dem Rennen in Almere lag. Schon seit 2013 geistert dieses Rennen durch meine Träume, aber leider hat der Termin nie gepasst und ich musste Jahr für Jahr etwas wehmütig verfolgen, wie er ohne mich stattfand. Aber nun sollte es passen! Aus sportlicher Sicht natürlich nicht ganz ideal, so komplett aus dem Off, von der Rolle in die Serpentinen. Auf der anderen Seite verkörpert dieses Rennen so viel, was für mich Triathlon ausmacht. Schwimmen in einem der schönsten deutschen Seen, Radfahren von ganz unten hoch in die Alpen und dann oben das Laufen in Lech mit einem atemberaubenden Panorama der Berglandschaft. Und so nahm ich das Rennen mit der Zielsetzung „Standortbestimmung“, wenngleich ich zugebe, dass ich natürlich schon ein bisschen mit dem Podium geliebäugelt habe.

 

Na und dann ging es los. Die Anreise war etwas anstrengend, denn wir konnten erst am Freitag Nachmittag los und kamen so erst um 22:30 in Lech an. Das Herzliche Willkommen im Hotel Tannberger Hof macht allerdings diese Strapazen sehr schnell vergessen. Und dann am nächsten Tag bei der Vorbelastung das erste Mal wieder draussen auf dem Rad. Das erste Mal seit Hawaii 2017! Und das an einem solchen Ort, der wirklich alle Radfahrer-Sehnsüchte verkörpert. Mehr geht einfach nicht! Und im nu war auch schon der Rennmorgen da, der weitere Premieren für dieses Jahr bereithielt. Nachts noch stillen und auch morgens doch noch einmal schnell zurück ins Bett und meinen Sohn stillen, da er doch mitbekommen hat wie ich mich leise aus dem Zimmer schleichen wollte. Frühstück hab es dann im Bus auf dem Weg zum Start in Bregenz.

Zum Beispiel war ich dieses Jahr auch noch nie im Neo geschwommen. Vorsorglich stellte ich mich sehr weit links auf, denn ich hatte doch noch Sorgen um meine Hand und wollte so dem schlimmsten Getümmel entgehen. Das hat leider nicht geklappt.  Ob es die einmalige atemberaubende Atmosphäre im Ländle, die super Stimmung oder dann doch der trubelige Start waren, jedenfalls blieb mir die Luft weg. Und hier fehlte mir dann die Routine alter Tage um mich dadurch zu kämpfen. Ich brauchte eine Auszeit und musste Brust schwimmen um wieder in den Wettkampf zu finden. Keine Ahnung wieviel Zeit ich damit verloren habe, aber es hat mir den Wettkampf gerettet, denn mein Ziel: Ankommen! 

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Wieder an Land musste ich leider gefühlte Stunden beim Wechseln verbringen und dort umständliche Radschuhe und Strümpfe anziehen. Zwei Tage vor dem Rennen hatte ich leider feststellen müssen, dass mir meine Triathlon-Radschuh nicht mehr passen (wie bereits gesagt, eine Schwangerschaft spart nicht an Überraschungen) und so blieb mir nichts anderes übrig. Denn die „normalen“ Radschuhe kann man im Gegensatz zu Triathlon Radschuhen nicht einfach auf dem Rad anziehen und Socken braucht man bei denen auch. Aber irgendwann saß ich dann auf dem Rad und es hat unglaublichen Spass gemacht. Die Vorbelastung am Vortag hatte mir schon einen Vorgeschmack gegeben, aber jetzt hier im Rennen, das war ein Traum. Erwartungsgemäß hatte ich etwas mit den Abfahrten zu kämpfen. Zum einen traute ich den Bremsfähigkeiten meiner Hände noch nicht ganz, aber dann wusste ich ja, mein Sohn wartet im Ziel und ich wollte ganz und gar sichergehen, dass ich heil bei ihm (und natürlich auch bei Chris😉) ankomme. Die Anstiege und insbesondere der Hochtannbergpass haben es wirklich in sich. Doch die Bilderbuch-Landschaft entschädigt für vieles :-).

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Und auch die zahlreichen Zuschauer haben einen Meter für Meter hoch getragen. Ich war wirklich glücklich, alles passte soweit und ich lag voll im Soll. Dachte ich. Wobei, ich habe mich schon etwas gewundert habe, wie viele Leute mich so überholten. Aber da mein Powermeter komplett im Soll war dachte ich, dass die Leute hier eben besonders fit sind. Später musste ich herausfinden, dass mein Powermeter ein paar Aussetzer hatte und mir eine komplett falsche Radzeit vorgegaukelt hat. Warum ich so langsam war gilt es noch herauszufinden, denn meine Wattwerte waren eigentlich wirklich gut. Nur die Zeit, die passte komplett nicht. Ich kam also oben an und war voll zufrieden. Leider musste ich dort erfahren, das die Führenden schon auf der zweiten Laufrunde waren. Ja, zwar war dieses Rennen war vor allem dafür da, um mir meinen Traum von dem Start beimTrans zu erfüllen. Aber zu erkennen, dass es auf keinen Fall für eine vordere Platzierung reichen sollte, enttäuschte mich sehr und ich wäre am liebsten einfach stehengeblieben. Zum Glück bin ich diesem Drang nicht gefolgt, denn als meine Tränchen nach der ersten Laufrunde getrocknet waren, holte mich die Schönheit der Landschaft zurück auf den Boden der Tatsachen und ich konnte einfach nichts anderes, als das in vollen Zügen zu geniessen.Ich habe es endlich wieder an eine Startlinie geschafft und dann noch an diese!! Und so habe ich es mir am Ende des Tages auch nicht nehmen lassen noch um einen Platz zu kämpfen. Ich habe also auch mein Kämpferherz wieder gefunden.

Überglücklich bin ich ins Ziel gelaufen wo die letzte und ganz sicher schönste Premiere auf mich wartete: Einen Zieleinlauf nach dem ich meinen Sohn in den Arm nehmen konnte! Der hat den Tag mit seinem Papa prima gemeistert, auch das freute mich riesig, denn Almere ist schon in zwei Wochen und dauert noch ein paar Stunden länger!

 

Fotocredit: Sportograf.com

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